Bericht aus dem Jugendhilfeausschuss

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In der Sitzung des Jugendhilfeausschusses ging es um ein Jugendcafé der AWO, um kostenlose Freibadbesuche, die Vergabe des Jugendpreises der Stadt Paderborn und um die künftigen Träger der Kindertageseinrichtungen in den Neubaugebieten Springbach Höfe, Brukterer Weg und Dr. Rörig Damm.

Zu Beginn wurde aus dem AWO Jugendcafé „InScene“ berichtet, das sich am Königsplatz befindet. Das Jugendzentrum hat als besondere Ausrichtung ein Angebot für junge Menschen mit Migrationshintergrund. Hierzu zählt zum Beispiel die Hilfe bei behördlichen Angelegenheiten oder bei Bewerbungsschreiben. Da der Beratungsbedarf stark angestiegen ist, wird die AWO im Rahmen der Haushaltsberatungen eine weitere halbe Stelle beantragen. Aus unserer Sicht ein sinnvolles Anliegen.

Kostenlose Freibadbesuche wurden einstimmig beschlossen

Bei den kostenlosen Freibadbesuchen handelt es sich um einen Antrag der freien Träger Caritas, Diakonie Paderborn-Höxter, AWO sowie KIM Soziale Arbeit. Sie möchten die Maßnahme aus dem vergangenen Jahr fortsetzen, da es viele positive Rückmeldungen gegeben habe. Im Kern geht es darum, Kindern und Jugendlichen von Empfängern von zum Bespiel Arbeitslosengeld II, Wohngeld oder Sozialhilfe in den Sommerferien 2018 einen kostenfreien Eintritt in das Freibad zu gewähren. Auch die jeweilige Begleitperson soll frei sein. Der Ausschuss stimmte am Ende einstimmig zu. Auch laut Verwaltung spreche nichts gegen eine Fortsetzung. Allerdings habe es in der Vergangenheit mehrere Dutzend Hausverbote gegen Jugendgruppen gegeben. Daher steht aktuell die Idee im Raum, die Freibadbesuche künftig pädagogisch begleitet werden, um die Nutzung der Einrichtung und den vernünftigen Umgang mit anderen Badegästen zu vermitteln. Darüber hinaus wurde diskutiert, ob die kostenlosen Besuche ganzjährig auf die Schwimmhallen ausgedehnt werden sollten. Ein Ergebnis gibt es hier allerdings noch nicht.

Der Jugendpreis der Stadt Paderborn soll 2018 wiederbelebt werden

Durch die Vergabe des Jugendpreises der Stadt Paderborn soll überdurchschnittliches ehrenamtliches Engagement von Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 27 Jahren geehrt werden. Die erste Verleihung war bereits im Jahr 2005, sie lag dann allerdings nach zwei weiteren Verleihungen lange brach, da ein Sponsor weggebrochen war. Nun soll sie auf Anregung des Stadtjugendrates 2018 wiederbelebt werden. Letztgenannter engagiert sich sehr stark, was wir überaus positiv finden. In der Jury zum Preisverleihung sollen drei Mitglieder des Jugendhilfeausschusses, drei Mitglieder aus dem Stadtjugendrat und zwei Mitglieder aus der Arbeitsgruppe Jugend sitzen. Angedacht ist, ihn mit einem Preisgeld von 1.000 Euro zu versehen und eine feierliche Verleihung im Rathaus durch den Bürgermeister vorzunehmen. Als Termin ist der 20. März 2018 angedacht. Wir hoffen, dass die Verleihung des Preises gut anläuft und sich wieder etabliert.

Im Schulentwicklungs- und Jugendhilfeplan liegen einige Themen parat

Bei der Vorstellung des Entwurfs des integrierten Schulentwicklungs- und Jugendhilfeplans für die Stadt Paderborn wurde klar, dass er für die Arbeit des Jugendhilfeausschusses in der Zukunft einige Themen bietet. So zum Beispiel in der frühkindliche Bildung, bei den Tageseinrichtungen für Kinder, bei der Übergangsgestaltung von der Kita in die Grundschule, bei der Inklusion in Kindertageseinrichtungen sowie bei der schulbezogenen Sozialarbeit

Im nicht öffentlichen Teil wurden im Ausschuss zudem die Vergabe der Trägerschaft für die neu entstehenden Kindertageseinrichtungen in den Baugebieten Springbachhöfe, Brukterer Weg und Dr. Rörig Damm beschlossen.

An der Sitzung des Jugendhilfeausschusses nahmen von unserer Seite aus Sabine Angenendt und Claudia Steenkolk teil. Der nächste Jugendhilfeausschuss findet am 6. Dezember um 17 Uhr im Rathaus statt.


Bildnachweis: „Schule“ / Mark Heinemann


SPD fordert den Aufbau einer Arbeitsgruppe Digitale Modellregion

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Mit der Teilnahme am Wettbewerb „Digitale Stadt“ hat sich Paderborn auf dem Weg in die digitale Zukunft gemacht. Die Einstufung als digitale Modellregion hat die Entwicklung zusätzlich angeschoben. Damit das Projekt weiterhin in den richtigen zukunftsweisenden Bahnen verläuft, beantragt die SPD-Fraktion in der nächsten Ratssitzung die Einrichtung einer Arbeitsgruppe Digitale Modellregion.

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für den Aufbau der Arbeitsgruppe

„Wir haben bereits beim Wettbewerb Digitale Stadt darauf verwiesen, dass die hier beschriebenen Handlungsfelder von zentraler Bedeutung für die Stadtentwicklung sind. Bürgermeister Michael Dreier hat die Umsetzung versprochen. Dafür muss nun eine Priorisierung und eine Umsetzungsstruktur unter Einbeziehung der Vorstellungen der Bürgerinnen und Bürger erarbeitet werden“, sagt SPD-Ratsherr Manfred Krugmann. Nach der Entscheidung der Landesregierung, Paderborn zu einer Leitkommune für Digitalisierungsprozesse zu benennen, ist jetzt der richtige Zeitpunkt für die Gründung einer städtischen Arbeitsgruppe. „Damit können die erforderlichen Entwicklungsprozesse und zusammenhängende Fragestellungen erörtert werden“, führt Krugmann weiter aus. Es geht um die grundsätzliche Frage, wie sich die Stadt Paderborn ihre digitale Zukunft vorstellt und welche Partner bei der Umsetzung mit im Boot sind. „Die Förderung als Modellregion sieht eine Kofinanzierung und damit eine Einbeziehung der Wirtschaft vor. Hier muss geschaut werden, wo die richtigen Partner sind. Auch die Bürgerinnen und Bürger haben klare Erwartungen an eine digitale Stadt“, betont Krugmann.

Der Prozess braucht ein transparentes Verfahren

Damit alle Seiten im Boot sind, ist ein von Beginn an transparentes Verfahren nötig. „Hinter der Digitalisierung stehen zudem erhöhte Service- und Informationsmaßnahmen über die verschiedensten, auch neuen medialen Kanäle. Dazu kommt die Veränderung von Arbeitsprozessen, Abläufen und Strukturen in allen Bereichen, mit denen die Gesellschaft umgehen muss“, betont Krugmann. Hauptaufgabe der Arbeitsgruppe ist daher die Begleitung und Beratung der neu zu schaffenden Stabstelle der Stadtverwaltung. Diese solle gleichzeitig regelmäßig in der AG und im Rat über die aktuellen Entwicklungen berichten.

Auch die Konfliktpotenziale im Blick behalten

Eine weitere zentrale Aufgabe der AG liegt zudem darin, die Risiken und Konfliktpotenziale im Blick zu behalten. „Der Wille, eine digitale Stadt zu werden, darf nicht dazu führen, dass wir in einen naiven Digitalismus hineinlaufen“, warnt Krugmann. Aus Sicht der SPD-Fraktion soll sich die Arbeitsgemeinschaft aus Mitgliedern der Ratsfraktionen sowie Vertretern aus Wirtschaft, Schule, Universität und weiteren Akteuren zusammensetzen. Nach einer Grundsatzentscheidung sei es dann Aufgabe der Verwaltung, dem Rat Vorschläge zu unterbreiten, wer in die AG einzubeziehen sei.


Bildnachweis: „Soziale Medien“ / shutterstock.com


November-Sitzung des Betriebsausschusses Gebäudemanagement Paderborn (GMP)

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In der November-Sitzung des Betriebsausschusses Gebäudemanagement Paderborn (GMP) ging es um die Sicherheit von Sporthallen, um Fördergelder aus dem Kommunalinvestitionsgesetz und um Schwarzarbeit auf städtischen Baustellen.

Dass es bei Sporthallen Probleme mit der Sicherheit geben kann, geriet im Sommer 2015 in den Fokus. Damals fielen in einer Bochumer Sporthalle Deckenteile zu Boden. Daraufhin eingeleitete Untersuchungen ergaben eine fehlerhafte Aufhängung. Landesweit wurden im Anschluss alle Sporthallen auf diesen Mangel hin untersucht. In Paderborn waren 8 Sporthallen betroffen. Glücklicherweise wurden die Fehler in den letzten zwei Jahren behoben bzw. einige Decken sind mittlerweile vollständig renoviert.

Ein weiterer Tagesordnungspunkt war das Kommunalinvestitionsgesetz. Dahinter verbergen sich Fördergelder, die aus dem Bundestat an die Kommunen fließen. In Paderborn kommen in einer ersten Tranche gut 9 Millionen Euro an, die bis 2020 verbaut werden. Mit dem Geld sollen Sporthallen energetisch saniert, Schulgebäude renoviert und Kitas ausgebaut werden. Des Weiteren fließt das Geld in Straßensanierungen. Laut Verwaltung steht letztgenannte allerdings hinter den vorherigen Maßnahmen an.

Dazu hat der Ausschuss der Verwendung der Fördergelder in drei weiteren Projekten zugestimmt. Zum einen wird die Fahrbandecke zwischen Westerntor und Marienstraße mit Flüsterasphalt saniert. Damit ist die Strecke zwischen Neuhäuser und Westerntor dann vollständig erneuert. Weiterhin wird die Klimatechnik im künftigen Verwaltungsgebäude Hoppenhof erneuert. Zwar war bereits beim Kauf der Immobilie bekannt, dass die Klimatechnik erneuert werden muss, trotzdem werden wir Kostenentwicklung an diesem Standort kritisch im Auge behalten. Im dritten Projekt werden in einigen KiTas die Gruppenräume saniert. Es geht hier besonders um Schall- und Lärmreduzierungen.

Gute Nachrichten gibt es aus dem Ausschuss für Elsen. Der bei Familien mit kleinen Kindern immer beliebter werdende Ortsteil bekommt eine neue Kindertageseinrichtung am Bohlenweg in der Nähe des Bürgerhauses. Die KiTa wird viergruppig angelegt, um die wachsende Nachfrage aufzufangen. Aus unserer Sicht eine sinnvolle und nötige Entscheidung.

Als weiteren Tagesordnungspunkt haben wir eine Anfrage zu den Rechten von Arbeitnehmern auf Baustellen an städtischen Gebäuden eingebracht. Ausgangspunkt war, dass der Zoll bei einer Kontrolle der städtischen Baustelle am Reismann Gymnasium Schwarzarbeit festgestellt hatte. Beschäftigte sollen dort ohne eine gültige Arbeitserlaubnis und mit gefälschten Personalpapieren im Einsatz gewesen sein. Wir haben uns gefragt, wie es dazu kommen konnte und welche zeitlichen Verzögerungen das Problem auch mit Blick auf den laufenden Unterricht gebracht habe. Laut Auskunft der Verwaltung wurde der Firma der Auftrag entzogen. Eine neue Ausschreibung und Vergabe habe letztendlich den zeitlichen Verzug zur Folge gehabt, der aber den Schulalltag kaum beeinflusst habe. Von Seiten der Lehrerschaft sind uns allerdings Beschwerden bekannt. Letztendlich ist der Fall rechtlich noch nicht abgeschlossen. Das GMP behält sich eventuelle Schadenersatzforderungen vor. Bei der Vergabe der Baumaßnahme sieht sich die Verwaltung auf der sicheren Seite. Alle gesetzlichen Rahmenbedingungen seien eingehalten werden. Bei zu großen Differenzen zwischen den einzelnen Angeboten würden die Kalkulationsgrundlagen der Bieter eingefordert und geprüft. Alle Auftragnehmern, die einen Zuschlag bekämen, müssten die Unbedenklichkeitsbescheinigungen der Sozialversicherungen und der Tarifpartner vorlegen. Wenn Unternehmen wegen arbeitsrechtlicher Verstöße auffallen würden, können diese Unternehmen von zukünftigen Vergaben ausgeschlossen werden. Klingt grundsätzlich plausibel, trotzdem ist die Problematik am Reismann Gymnasium aufgetreten. Warum dies nun nicht noch einmal auf anderen Baustellen vorkommen kann, erschließt sich uns noch nicht. Wir werden das Thema im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiter intensiv verfolgen.

Die Reinigung in den städtischen Schulen wird durch Dienstleister durchgeführt. Dabei ist das gesamte Stadtgebiet in 8 Lose aufgeteilt, die jeweils an einen Dienstleister vergeben werden. Zu Schuljahresbeginn wurden 5 Lose neu vergeben, die restlichen 3 Lose werden zum Jahresbeginn neu vergeben.

Die europaweite Ausschreibung erfolgt nach DIN-genormten Regelen und Anforderungen; dabei vergibt die Stadt Paderborn über das GMP Dienstverträge um Gegensatz zu vielen anderen Kommunen, die Werkverträge mit den Dienstleistern abschließen. Damit kauft die Stadt Paderborn bei den Auftragnehmern Arbeitszeit ein; Ein Reinigungsauftrag über 40 Wochenstunden verlangt auch den Einsatz von 40 Stunden. Bei einem Werksvertrag wird lediglich die Reinigung z.B. einer Schule beauftragt; dabei wird zwar eine bestimmte Arbeitszeit angesetzt, die Auftragsfirma kann allerdings diese Arbeitszeit für die Reinigung bei ihren Arbeitnehmern verkürzt ansetzen.

Durch den Abschluss der Dienstverträge in Paderborn soll eine hohe Qualität der Reinigungsleistung sichergestellt werden. Seit Beginn dieses Schuljahres sollen von den Dienstleistern Vorarbeiter eingesetzt werden, die die Reinigungsarbeit durch Bereitstellen von Materialien und Vorbereiten der Räume beschleunigen sollen. In der ersten Zeit gab es offensichtlich Probleme beim Einsatz dieser Vorarbeiter, was zu Mängeln in der Reinigungsleistung und insbesondere zu höherer Belastung der Reinigungskräfte führte. Zwischenzeitlich hat sich die neue Arbeitsweise aber eingespielt. In einem genauen Raumplan ist festgelegt, in welchen Rhythmus ein Raum gereinigt werden muss. Die Kontrolle erfolgt durch das Reinigungsunternehmen. Weiterhin kontrollieren die Hausmeister und Mitarbeiter des GMP die Sauberkeit in den Schulen. In 2016 hat der Unternehmensberater Rödl&Partner nach einem QuickCheck den GMP für die Organisation und die Durchführung des Reinigungsdienste ausdrücklich gelobt.

An der Sitzung des Betriebsausschusses Gebäudemanagement haben von unserer Seite Burkhard Aubke, Ulrich Koch und Ayhan Demir teilgenommen. Die nächste Sitzung findet am 30. November um 17 Uhr im Technischen Rathaus statt.

Ausschuss für Bauen, Planen und Umwelt

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Und es war tatsächlich schon wieder Sitzung des Ausschusses für Bauen, Planen und Umwelt. Wie bereits vor einer Woche angekündigt, trafen wir uns dieses Mal beim PaderSprinter. Auch wenn nicht viele Punkte auf der Tagesordnung standen – es ging um Mitteilungen der Verwaltung, die geplante Verlegung des Busbahnhofs von der Zentralstation an die Westernmauer und um den Bebauungsplan Südring – sollte es ein langer Abend werden.

Los ging es mit einer erfreulichen Neuigkeit für die Einwohnerinnen und Einwohner Neuenbekens. Im Oktober starten der Umbau und die Renaturierungsarbeiten an der Beke. In einem ersten Schritt erfolgt die Baustelleneinrichtung, weiter geht es dann mit dem Abriss der Brücke in der Straße „An der Beke“. Aus unser Sicht eine absolut notwendige Maßnahme. Ein großer Dank geht hier an Helmut Pütter, der sich über 30 Jahre lang für die SPD im Rat der Stadt und darüber hinaus viele Jahre als Ortsvorsteher in Neuenbeken dafür eingesetzt hat. Gut Ding hat manchmal eben Weile.

Ein weiterhin viel diskutiertes Thema ist die geplante Verlegung des Busbahnhofs von der Zentralstation an die Westernmauer. Der aktuelle Stand war bislang, dass die Verlegung des Busbahnhofs an eine adäquate Nachnutzung der Zentralstation gekoppelt ist. Diese Verbindung wurde nun abgeschwächt. Es gilt jetzt, sollte dort ein Einzelhandel nicht realisiert werden können, ist zum Beispiel auch eine Nachnutzung als Logistikpunkt oder Fahrrad- oder Carsharing-Station möglich. Wir finden, dass hier noch zu viel im Unklaren ist. Auf keinen Fall darf die jetzige Zentralstation nach der Verlegung zu einem neuen zentralen Brennpunkt werden, weil es keine Regelung für die Nachnutzung gibt. Dementsprechend haben wir dem Bericht als Fraktion zur Kenntnis genommen. Eine „zustimmende“ Kenntnisnahme haben wir aber nicht mitgetragen. Manchmal kommt es eben auf die Feinheiten an. Wir werden uns in einer Klausurtagung im Oktober weiter intensiv mit dem Thema befassen. In der nächsten Ausschusssitzung steht es wieder auf der Tagesordnung.

Beim Thema Bebauungsplan Südring ist eine bauliche Erweiterung nach dem von uns mitgetragenen Beschluss nicht möglich. Umsetzbar sind allerdings Änderungen im Bestand. Dabei muss jedoch das Einzelhandels- und Zentrenkonzept berücksichtigt werden. Noch stehen die Diskussionen am Anfang. Die Vorlage diente dazu, die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit in die Wege zu leiten.

Für uns nahmen Ulrich Koch, Franz Josef Henze, Beate Röttger-Liepmann und Parviz Nasiry an der Sitzung teil. Das nächste Mal tagt der Ausschuss am 19. Oktober um 17 Uhr. Ort ist das Technische Rathaus, Konferenzraum 3.00.

SPD Kritik an CDU Vorschlägen zur Entspannung auf dem Wohnungsmarkt

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Mit großen Worten hat die CDU in der jüngsten Ratssitzung den Antrag der SPD auf Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft abgelehnt. Die eigenen Handlungsvorstellungen zur Lösung der Wohnungsprobleme in Paderborn erweisen sich allerdings als dürftig. Allenfalls der Alternativvorschlag, eine Entwicklungsgesellschaft zur Bewältigung des Konversionsprozesses, ist aus Sicht der SPD diskussionswürdig.

„Diese Ankündigung hat noch wenig Inhalt. Die CDU sollte ihre Vorstellungen hierzu schnellstmöglich präsentieren und Modalitäten sowie Verfahrensschritte für eine solche Entwicklungsgesellschaft vorlegen. Vielleicht gelingt es dann ja noch auf Umwegen, dass Paderborn von der Verbilligungsrichtlinie beim Erwerb von Konversionsflächen profitiert und nicht fahrlässig auf finanzielle Vorteile verzichtet, die mit der Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft möglich gewesen wären“, so SPD-Ratsherr Manfred Krugmann.

Grundsätzlich fürchtet die SPD allerdings, dass der Stadt in einer Entwicklungsgesellschaft nur eine Nebenrolle zugedacht ist.

„Deshalb fordern wir, dass eine Entwicklungsgesellschaft nicht von den Interessen privater Investoren dominiert wird. In dem Konstrukt muss die Stadt in jedem Fall maßgeblich den Hut aufhaben“, betont SPD-Ratsfrau Beate Röttger-Liepmann.

Wenig stichhaltig findet die SPD zudem die von CDU und FDP vorgetragenen Aussagen zu den überteuerten Grundstückspreisen und die von CDU-Fraktionschef Markus Mertens genannten Miethöchstgrenzen beim Verkauf städtischer Grundstücke an Investoren.

„Das ist nichts als heiße Luft. Obergrenze ist derzeit ja ein Zauberwort bei Politikern der Union. Ich sehe beim besten Willen keine Handhabe, eine Obergrenze für Mieten festzuschreiben und durchzusetzen. Ich lasse mich aber gerne von der CDU eines Besseren belehren und mir das entsprechende Verfahren erläutern“, gibt sich Franz-Josef Henze, SPD-Fraktionsvorsitzender, skeptisch.

Generell sei der Verweis auf die teuren Grundstückpreise nur ein Zeugnis des fehlenden Gestaltungswillens der CDU/FDP-Koalition.

„Wenn tatsächlich die Bodenpreise das zentrale Problem des Wohnungsmarktes sind, wieso setzen sich die Parteien dann nicht auf allen Ebenen der Politik für eine grundlegend neue Grundstückspolitik ein“, fragt Henze.

Möglich wäre zum Beispiel eine etwa auch in einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in 2015 befürwortete Ausgestaltung der Grundsteuer als Bodenwertsteuer anstelle des derzeit einseitig an Wohnflächen orientierten Verfahrens.

„Damit ließen sich nachweislich positive Wirkungen auf den Umgang mit dem knappen Gut Fläche, auf die innerörtliche Aktivierung von Flächen für Wohnen und Gewerbe, auf die mit der Angebotserhöhung im Zusammenhang stehende Senkung der Mieten und auf die notwendigen Investitionen in den Gebäudebestand erzielen“, betont Henze.

 


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SPD fordert Anbindung der Haltepunkte Schloß Neuhaus und Sennelager im Halbstundentakt

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Das Auto in Schloß Neuhaus abstellen, um mit der Sennebahn nach Bielefeld zu fahren. Im Anschluss wieder per Bahn zurück nach Schloß Neuhaus, zurück zum abgestellten Auto. Was klingt, wie ein völlig normaler Pendelverkehr zwischen Paderborn und Bielefeld, ist es nicht. Denn der genannte Fahrtverlauf ist so nicht zu jeder Zeit möglich. Die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Paderborn hat daher nun einen Antrag zur Anbindung der Haltepunkte Schloß Neuhaus und Sennelager an den Halbstundentakt für die nächste Sitzung des Bezirksausschusses Schloß Neuhaus/Sande gestellt.

„Bereits im August 2015 wurde bei der Sennebahn der Halbstundentakt eingeführt, was für den öffentlichen Personennahverkehr sinnvoll ist. Die Haltepunkte in Schloß Neuhaus und Sennelager wurden allerdings ausgespart. Dort hält die Bahn jeweils nur im Stundentakt“, erklärt SPD-Ratsherr Ulrich Koch die Hintergründe des Antrags.

Das führt zu den kuriosen Situationen, dass in Bielefeld zwar eine abfahrbereite Sennebahn steht, diese in dem Moment aber nicht von Personen genutzt werden kann, die ihr Auto in Sennelager oder in Schloß Neuhaus abgestellt haben.

„Wenn die Fahrgäste eine Bahn erwischt haben, die in dem Moment gerade nicht an den beiden Haltepunkten hält, dort aber ihre Autos stehen, dann können sie entweder den großen Umweg mit Umsteigen über Paderborn fahren oder sie warten in Bielefeld eine halbe Stunde auf die nächste Sennebahn. Viele überlegen sich dann schon von vorneherein, lieber gleich das Auto zu nehmen, was den ÖPNV nicht gerade stärkt“, kritisiert Koch.

Das Problem selbst ist auch in der Politik schon lange bekannt. Seitens der Mitglieder des Bezirksausschusses Schloß Neuhaus wurde bereits im April 2014 angemahnt, dass Nachbesserungen erforderlich sind. Auch im Bauausschuss im Mai 2014 wurde über die Thematik diskutiert. Der Nahverkehrsbund Paderborn/Höxter (nph) erklärte sich damals dazu bereit, den Betrieb zu beobachten.

„Bis zum heutigen Tag ist die Frage, ob eine Anbindung der Haltepunkte in Schloß Neuhaus und Sennelager an den Halbstundentakt möglich ist, nicht beantwortet“, betont Koch.

Auch die schon seit mehreren Jahren in Sennelager angedachte P+R-Station macht für den SPD-Ratsherrn letztendlich nur Sinn, wenn die Züge dort im Halbstundentakt halten. „Ansonsten ist auch hier ein Umstieg auf den ÖPNV nicht attraktiv.“


Bildnachweis: © SPD-pderborn.de


 

Perspektive 2020 – Wir müssen über das Wahlrecht reden

Im „Superwahljahr“ 2017 sind alle Augen auf den Wahlkampf gerichtet, auf die Parteien, die Kandidaten, die Programme. Dabei gerät ein Thema weiter in den Hintergrund, welches zugegeben nicht besonders mitreißend, aber für den demokratischen Prozess umso wichtiger ist. Martin Schulz betonte im Januar bei seiner Vorstellung als Kanzlerkandidat, ein Wahlkampf könne im besten Fall zu einer „Sternstunde der Demokratie“ werden. Unbeeindruckt davon, wie der Wahlkampf nun tatsächlich verläuft, entscheidend dafür, wie es in den Monaten und Jahren danach weitergeht, ist die Ausgestaltung des Wahlrechts, was die Vereinigten Staaten unlängst eindrucksvoll bewiesen haben. Das dortige Wahlmänner-basierte System hat Donald Trump mit ins Amt verholfen.

Die USA sollten einen Blick ins Grundgesetz werfen – Oder?

Die Väter und Mütter unserer Verfassung haben die Gefahren eines solchen potenziell verzerrenden Verfahrens erkannt und die Unmittelbarkeit der Wahl, die jede Art von Eingriff in den Wählerwillen nach dem Zeitpunkt der Stimmabgabe verbietet, als einen von fünf Wahlrechtsgrundsätzen in Artikel 38 des Grundgesetzes festgeschrieben. Die vier weiteren sichern das grundsätzliche („allgemeine“) Wahlrecht der Bürger, die geheime Stimmabgabe, die freie Entscheidung des Wählers sowie die Gleichwertigkeit jeder Stimme zu. Damit ist das deutsche Wahlsystem aber alles andere als erklärt, auf eine ausführliche Beschreibung des Verfahrens zur Verteilung der Sitze mit dem Divisorverfahren mit Standardrundung von Sainte-Laguë und Bestimmung der Mandatsträger mit Überhangs- und Ausgleichsmandaten soll hier jedoch verzichtet werden. Wer tatsächlich daran Interesse hat, möge sich unter Angabe bevorzugter alkoholischer Getränke melden. Denn, wie „Der Spiegel“ schon 1997 in einem Artikel treffend feststellte –

„Wer sich im deutschen Wahlrecht ein bißchen auskennt und dies auch noch anderen Leuten kundtun will, kann sehr schnell sehr einsam werden. [..] Wohl nirgendwo ist das Wahlrecht so kompliziert wie in Deutschland, und deshalb ist es auch so gerecht.“

Letzterem muss allerdings in aller Deutlichkeit widersprochen werden, denn welchen Sinn hat ein kompliziertes Wahlsystem, wenn die Wähler, deren Willen die Wahl widerspiegeln soll, nicht wissen, was mit ihren Stimmen nach der Abgabe passiert? Man könnte wohl argumentieren, sie KÖNNTEN sich doch informieren, doch wie zuvor dargelegt, müsste man sich in diesem Fall wohl mit der verfassungsrechtlichen Frage befassen, mit wieviel Promille man die Wahlkabine höchstens betreten dürfte. Spaß beiseite, die Verfassungsmäßigkeit des derzeitigen Wahlrechts steht außer Frage, jedoch sollte es im Interesse der Politik sein, dass die Bürger tatsächlich wissen, für wen und was genau sie ihre Stimme abgeben. Ein einfacheres System wäre wirklich gerecht und demokratisch.

Zeit für eine Reform…

Wie es der Zufall will, sorgt nicht nur das derzeit komplizierte System selbst für Unverständnis beim Bürger, sondern auch die daraus entstandene Möglichkeit eines sogenannten „Mega-Bundestags“ (mit potenziell mehr als 700 Mitgliedern anstatt der Mindestzahl von 598; eine Anwendung des aktuellen Wahlrechts auf die Bundestagswahl 2009 hätte eine Sitzzahl von 671 ergeben), wie auch eine Petition des Bundes der Steuerzahler mit über 114.000 Unterschriften zeigt [1]. Dieses Problem ist nicht neu, sondern den politischen Parteien hinlänglich bekannt. Bereits im Dezember 2015 kritisierte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) den fehlenden Reformwillen der Parteien und mahnte dringend eine Wahlrechtsänderung an. Er forderte ein transparentes, ergo verständliches und nachvollziehbares Wahlrecht. [2] Bekanntlich ist seitdem wenig passiert. Die Unionsfraktion brachte den Vorschlag einer Begrenzung bei 630 Mandaten ein [3], den auch Lammert unterstützte [4], der die Unionsfraktion jedoch potenziell bevorteilen würde und auch deshalb verfassungswidrig wäre. Die SPD ihrerseits schlug Ende 2016 vor, die Sitzverteilung auf die Bundesländer nach abgegebenen Stimmen statt nach Bevölkerungsanteilen vorzunehmen (der Bundestag hätte danach aus 614 statt 631 Sitzen bestanden), jedoch ist auch bei diesem Modell die Verfassungsmäßigkeit unklar [5].

Vor einiger Zeit pflichtete Bundesverfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle in einem seiner seltenen Interviews Lammert bei und warnte eindringlich vor einem aufgeblähten Bundestag. Er könne die Sorgen der Parteien um mögliche Nachteile durch ein neues Wahlrecht zwar verstehen, dennoch sollte ein Konsens gefunden werden, um dem Interesse der Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden. [6] Was hier so nüchtern zitiert wird, birgt eine beachtliche politische Aussagekraft: Keine geringeren als die Präsidenten von zwei der drei obersten Staatsorgane der Bundesrepublik drängen zum Handeln. Der Bundestag wird sich nach der Wahl im September mit dem Wahlrecht beschäftigen müssen. Es wird also höchste Zeit, sich mit einer Reform zu befassen.

Bestandsaufnahme

Wie funktioniert das bundesdeutsche Wahlrecht bisher? An dieser Stelle kommt man um eine paar Sätze trockene Theorie leider nicht herum. Bekannt dürfte sein, dass jeder Bürger zwei Stimmen hat. Die sogenannte Erststimme bezieht sich ausschließlich auf den Wahlkreis, in dem sich je ein Kandidat bzw. eine Kandidatin der Parteien um das Wahlkreismandat bewirbt. Hier greift das Mehrheitswahlprinzip, das Mandat geht an die Kandidatur mit den meisten Stimmen, alle anderen Stimmen verfallen. Die Zweitstimme ist wiederum eine Parteistimme, sie wird, und dies ist wahrscheinlich den Wenigsten bewusst, für die Landesliste einer Partei abgegeben. Hier gilt das Verhältniswahlprinzip und damit jede Stimme. Es werden die Stimmen aller Landeslisten addiert, diese Stimmen entscheiden darüber, wie viele Sitze die einzelnen Parteien erhalten (sofern sie die Fünfprozenthürde überwinden). Nun wird nach dem zuvor erwähnten Verfahren mathematisch bestimmt, wie viele Sitze den Parteien jeweils in jedem der 16 Bundesländer zustehen. Die Sitze werden zuerst mit den gewählten Direktkandidaten besetzt, danach mit den Personen, die auf den zuvor von den Parteien aufgestellten Landeslisten stehen. Dadurch können „gescheiterte“ Wahlkreiskandidaten, aber auch Politiker, die nur über die Parteiliste kandidieren einen Sitz im Bundestag erhalten.

Durch dieses gemischte Wahlsystem kann es dazu kommen, dass die Sitzzahl erhöht werden muss, um eine „gerechte“ Verteilung auf Bundesländer und Parteien zu sichern. Entweder dadurch, dass eine Partei mehr Direktmandate erhält, als ihr Sitze zustehen, oder aber durch das Berechnungsverfahren, welches ein negatives Stimmgewicht verhindern soll. Es bestehen also zwei Probleme, zum einen die überfälligen Direktmandate in Verbindung mit den Listen und zum anderen das bundesländer-bedingte Berechnungsverfahren. Bereits dieses jetzige System ist ein solches, das darauf abzielt, Probleme zu lösen, und dadurch neue Probleme schafft.

Reformieren, aber wie?

Die Anforderungen an die Reform sind hoch. Die Sitzzahl-Erhöhung soll verringert oder eliminiert werden, gleichzeitig soll das neue Wahlrecht durch Vereinfachung möglichst verständlich gestaltet werden. Zusätzlich könnte die Gelegenheit genutzt werden, um die Politik wieder ansprechender zu gestalten, den Wahlkampf zu beleben und das Interesse der Bürger für Politik zu wecken, indem man ihnen mehr und vor allem transparenter Einfluss auf die Zusammensetzung des Bundestags gibt.

Die simpelste denkbare Veränderung (neben einer allerdings in der Umsetzung komplizierten Wahlkreisverringerung) wäre die Aufhebung des Länderprinzips. Bei genauer Betrachtung der Verrechnung der Zweitstimme wird deutlich, dass im September faktisch 16 Landeswahlen stattfinden und die Ergebnisse in einem komplizierten Verfahren verrechnet werden. Der historische Hintergrund liegt zweifellos in der föderalen Tradition der Bundesrepublik, jedoch gibt das Grundgesetz nicht ausdrücklich vor, dass bei der nationalen Wahl die Grenzen der Bundesländer eingehalten werden müssen. Die föderale Struktur drückt sich schließlich in der vertikalen Gewaltenteilung aus, die den Landesregierungen Aufgaben wie Schule, Polizei und weiteren zuschlägt und in der Institution des Bundesrates, die selbigen Regierungen Einfluss auf die Gesetzgebung des Bundes gibt. Somit gäbe es kein verfassungsrechtliches Hindernis, das System der Landeslisten zugunsten von einheitlichen Bundeslisten aufzugeben (Problematisch könnte sich lediglich die Listenaufstellung für CDU und CSU darstellen, die im Interesse eines bürgerfreundlichen Wahlrechts aber sicherlich eine Lösung finden würden). Das Problem der Überhangmandate würde massiv verringert, da es extreme Differenzen zwischen Erst- und Zweitstimme in Gesamtdeutschland bräuchte und nicht nur wie bisher in einem Bundesland. Der Charakter der Bundestagswahl als nationale Wahl würde zudem deutlich gestärkt.

Ob eine Reform in diese Richtung grundsätzlich auf Zuspruch trifft, ob und wie sie in der Realität umzusetzen wäre, wird sich in der bevorstehenden Debatte zeigen. Eine Schwierigkeit bei der Umsetzung soll an dieser Stelle jedoch schon behandelt werden: viele der Abgeordneten, die der Reform zustimmen müssen, verdanken dem alten System ihren Sitz im Parlament, haben sich in ihrem Landesverband um einen Listenplatz bemüht. Ob dieser auf möglichen Bundeslisten immer noch sicher ist, hängt jedoch von der genauen Ausgestaltung ab. Jedoch wären vor allem jene Abgeordneten tatsächlich betroffen, die ihr Mandat letztendlich der Erhöhung der Sitzzahl verdanken. Auf dem einen oder anderen Weg wird das Parlament mit der nächsten Reform den Abschied von einigen Kolleginnen und Kollegen zum September 2021 beschließen müssen. Hier gilt es für alle Parteien im Besonderen, sich selbst zu überwinden und das öffentliche Interesse dem Interesse der eigenen Partei vorzuziehen.

Weitere Möglichkeiten wären etwa die interne Kompensation von Überhangmandaten zulasten anderer Landeslisten, wie die Autoren von wahlrecht.de vorschlagen [7] (auch hier ist die Unionsfraktion wieder das Sorgenkind des Wahlrechts), oder noch verbesserte Berechnungsverfahren, die für weniger Überhang sorgen, wie etwa das u. a. vom Augsburger Mathematiker Friedrich Pukelsheim vorgeschlagene Modell [8].

Mut zur Veränderung!

Jeder dieser Reformvorschläge zielt jedoch nur auf einzelne problematische Aspekte des Wahlrechts ab, ist eher kosmetischer Natur. Es wäre einen Versuch wert „outside the box“ zu denken und Teile des Wahlrechts grundsätzlich neu zu denken, auch wenn dies bedeutet, bisher bestehende Grundsätze und Vorbehalte zu hinterfragen. Gerade beim Wahlrecht unserer repräsentativen Demokratie, also DER entscheidenden Schnittstelle zwischen Wahlvolk und Politik, sollte das Interesse der Bürgerinnen und Bürger die entscheidende Rolle spielen. Der Bundestag hat nach der Wahl im September, wie auch immer er zusammengesetzt sein mag, die Chance, ein modernes Wahlrecht zu schaffen, das den Interessen der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes gerecht wird.


Lesenswert sind etwa auch die weiteren Verbesserungsvorschläge von wahlrecht.de [7], die visualisierte Anwendung verschiedener Wahlrechtssysteme auf Deutschland [9] und das Positionspapier des Vereins „Mehr Demokratie“ zur Wahlrechtsreform [10]

Das Magazin „Katapult“ mit Prof. Dr. Joachim Behnke war mit der Veröffentlichung etwas schneller, auch dort findet sich ein Artikel, der die Probleme des aktuellen Wahlrechts treffend erläutert und visualisiert [11].

[1] https://www.change.org/p/nein-zu-einem-xxl-bundestag

[2] http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/lammert-dringt-auf-aenderung-des-wahlrechts-13988656.html

[3] https://www.cducsu.de/themen/innen-recht-sport-und-ehrenamt/bundestag-auf-630-abgeordnete-begrenzen

[4] http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/wahlrecht-lammert-will-maximal-630-bundestagsmandate/13442612.html

[5] http://www.mdr.de/nachrichten/politik/inland/bundestag-wahlrecht-reform-sitze-ueberhangmandate-spd-idee-reform-100.html

[6] http://www.abendblatt.de/politik/article210046853/Verfassungsrichter-in-Sorge-um-Demokratie-in-USA-und-Tuerkei.html#

[7] http://www.wahlrecht.de/ueberhang/besseres.htm#vier

[8] https://www.math.uni-augsburg.de/htdocs/emeriti/pukelsheim/2012c.pdf

[9] http://www.sueddeutsche.de/politik/verhandlung-zur-wahlrechtsreform-karlsruhe-muss-das-leiden-der-deutschen-demokratie-beenden-1.1375380

[10] https://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/Positionen17_Reform_Bundestagswahlrecht.pdf

[11] http://katapult-magazin.de/de/artikel/artikel/fulltext/das-explosive-potential-des-aktuellen-wahlsystems/


Bildnachweis:

Familienwahlrecht und Familienpolitik in Deutschland / © Stefan_Weis / fotolia.com

Populismus

Donald J. Trump ist nun also der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, und das obwohl er fast drei Millionen Stimmen weniger als Hillary Clinton hatte. Er ist ein Präsident, der sexistische, rassistische und oft schlicht falsche Aussagen tätigt. Jemand der damit angibt Frauen sexuell zu belästigen und Hetze gegen Minderheiten als politische Plattform etabliert hat, ist nun also der mächtigste Mann der Welt.

Doch was bedeutet das? Nicht nur, dass wir noch besorgter die Nachrichten verfolgen, sondern wenn der lange und anstrengende Wahlkampf in den USA eine Sache gezeigt hat dann, dass mit Populismus und einfachen Antworten, oft fern der Realität oder Fakten, Wahlen gewonnen werden können.

Beispielsweise hat Trump seinen Wahlkampf mit folgenden Behauptungen geführt:

Trump hat behauptet, dass der Klimawandel von den Chinesen erfunden wurde um die USA zu schwächen. Erst vor einigen Monaten sagte er, dass Wetterextreme nun halt einfach normales Wetter ist, mehr nicht. Auch hat er behauptet, dass bis zu fünf Millionen illegale Stimmen bei der Wahl abgegeben wurden und eine Untersuchung eingeleitet, obwohl selbst seine Anwälte dem widersprochen haben.

In einer Gesellschaft wo jeder Zugang zu fast unlimitiertem Wissen hat, könnte man ja eigentlich denken, dass Politiker*innen direkt ertappt werden, wenn sie lügen, aber im Gegenteil wird eine Falschmeldung nach der anderen auf Facebook oder Twitter geteilt und tragen so immer mehr zur fortschreitenden Spaltung der Gesellschaft bei.

Das Problem sind hierbei weniger die Verfasser*innen dieser „Fakenews“, sondern vielmehr die unreflektierte Verbreitung dieser Mitteilungen die in Debatten dann oft wie Fakten gehandelt werden und teils schwierig zu widerlegen sind. Und das nicht, weil einem Beweise fehlen, sondern weil Populist*innen Fakenews als Fakten benutzen und sie somit gleichwertig mit Tatsachen und wirklichen Statistiken sehen.

Nun stellt sich einem aber die Frage:

Wie können wir dagegen vorgehen um wieder zu einer realitäts- bezogenen Diskussionskultur zurückzukehren?

Wenn man solche Posts auf Facebook oder Twitter oder anderen Plattformen sieht sollte man sie nicht einfach unkommentiert stehen lassen, auch wenn man zum zehnten Mal den selben Post sieht. Man darf so etwas nicht unkommentiert lassen, wir müssen für Werte wie Demokratie und Solidarität einstehen egal wo, wann und auch wenn es zum zehnten mal das selbe ist. Demokratie gibt es nicht umsonst.

Wir machen dies nicht, um dann behaupten zu können, man habe ja etwas getan, sondern vor allem für Unbeteiligte, die solche Posts sehen und davon beeinflusst werden könnten. Gerade in diesen schwierigen Zeiten ist es wichtig, sich gegen jedwede Art von Populismus zu stellen, vor Allem gegen den rassistischen und menschenfeindlichen. Wir sollten bei jeder Gelegenheit auf die Straße gehen, Veranstaltungen wie Demonstrationen gegen Populisten und für Demokratie besuchen und in sozialen Netzwerken Posts nicht unkommentiert stehen lassen, denn es ist ja eben nicht „nur ein Post“.

Jetzt ist die Zeit nicht nur Nachrichten zu schauen sondern etwas zu unternehmen. Wer noch mehr Gründe dafür braucht, muss sich nur in der Welt umschauen. Nicht nur Trump sondern auch der Brexit zeigt, dass jede Stimme wichtig ist und dass wir nur gemeinsam für unsere Ziele die Demokratie und Gerechtigkeit kämpfen können, denn wir können es schaffen, da bin ich mir sicher.


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Die T-Frage

Lange hat es gedauert und am Ende ging es dann doch schneller als erwartet.
Die K-Frage – die Frage, wer der Kanzlerkandidat der SPD wird – ist nun, wenn auch etwas holprig, beantwortet. Martin Schulz wird der Kandidat unserer Partei bei der Bundestagswahl im September 2017. Sicher eine gute Wahl, bleibt Gabriel doch in den Beliebtheitswerten bereits seit langer Zeit hinter Martin Schulz zurück.

Gabriel hat gute Arbeit geleistet

Die Unbeliebtheit Gabriels ist nicht ganz gerechtfertigt. Er war es, der die Partei nach vielen, vor allem personellen Turbulenzen zur Stabilität geführt hat. In der großen Koalition hat er wichtige SPD-Positionen wie etwa den Mindestlohn gegen die Union durchgesetzt. Bereits als Umweltminister hat Gabriel den Klimaschutz vorangetrieben und beim Verkauf der Supermarktkette ist es auch Gabriel zu verdanken, dass tausende Jobs gerettet wurden. Das Problem, dass diese und viele weitere Erfolge nicht der SPD zugeschrieben werden, allein an ihm festzumachen wäre nicht fair.
Mit Martin Schulz gewinnen wir ein frisches und beliebtes Gesicht für die Bundespolitik. Es ist wohl am ehesten ihm zuzutrauen, gegen Merkel zu gewinnen und vielleicht einem rot-rot-grünem Bündnis vorzustehen.

Soziale Ungleichheit bekämpfen !

Wir sollten aber nicht den zweiten vor dem ersten Schritt machen. Viel notwendiger als Koalitionsideen ist zu dieser Zeit die Frage nach dem „T“, nämlich die Frage, mit welchen Themen die SPD in den Wahlkampf gehen sollte.
Wenn wir uns aktuelle Probleme anschauen, wie etwa den Rechtsruck in großen Teilen der Bevölkerung, die bereit sind, rechtspopulistischen Parteien ihre Stimme zu geben oder die in den gleichen Bevölkerungsteilen abnehmende Akzeptanz von Geflüchteten („Für die tut ihr alles, für uns tut ihr nichts!“), springt uns früher oder später eine, vielleicht die wichtigste Ursache für diese Tendenzen ins Auge: Soziale Ungleichheit.
In keinem anderen europäischen Land geht die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander als in Deutschland. 1970 gehörten bereits 44% des gesamten deutschen Vermögens einer kleinen Gruppe von 10%. Im Jahr 2000 gehörten denselben 10% schon 66% des Vermögens. Sage und schreibe 40% der deutschen Bürger besitzen überhaupt kein Vermögen. Das bedeutet keinerlei Absicherung. Und zwar nicht erst Absicherung im Alter.
Die Reichen in Deutschland sind reicher als die Reichen in den anderen Ländern Europas, während die Armen Deutschen ärmer sind als die Armen in unseren Nachbarländern. Das Einkommen ist in Deutschland zwischen 2000 und 2016 um 6% gestiegen, das Vermögen aber um 30%. Durch Arbeit zu Vermögen zu kommen ist fast unmöglich. Wer bereits viel hat, zahlt auf Gewinne die er mit seinem Geld macht, etwa durch Aktiengeschäfte, 25% Kapitalertragssteuer (genauer: Abgeltungssteuer). Krankenschwestern, Fliesenleger, Büroangestellte u.v.m. die jeden Tag fleißig zur Arbeit gehen, zahlen hingegen bis zu 45%
Einkommenssteuer auf ihre Arbeit. Eine Vermögenssteuer wie sie in den allermeisten OECD-Ländern erhoben wird, haben wir 1997 – ohne Not – abgeschafft. Der Gini-Koeffizient, ein Maß zur Bestimmung von Ungleichheit bei dem „0“ keine Ungleichheit und „1“ absolute
Ungleichheit bedeutet, liegt im OECD-Durchschnitt bei 0,68. In Deutschland liegt er deutlich darüber bei 0,76.
Was ist nun das Problem an Ungleichheit? Vor der Zeit der Aufklärung war Ungleichheit als natürlich oder Gott gegeben akzeptiert und bleib unhinterfragt. Seit wir uns aber, mit Kant gesprochen, unseres eigenen Verstandes bedienen, ist dies anders.
Natürlich soll belohnt werden, wer viel leistet. Absolute Gleichheit kann nicht das Ziel sein. Es ist aber eine graduelle Frage die im Raum steht. Ist die Ungleichheit zu groß und wird, nebenbei gesagt, der Begriff im Grundgesetz „Eigentum verpflichtet“ ignoriert, indem sich immer mehr Reiche der Verantwortung für die Gemeinschaft die ihr ihren Reichtum erst ermöglicht hat, entziehen, führt dies zu großen Problemen. Die Politikverdrossenheit und das
Protestwählen nehmen zu, die Legitimation der demokratischen Regierung gerät in Gefahr, Verteilungskämpfe brechen auf und nicht zuletzt bleibt gar das Wirtschaftswachstum unter seinen Möglichkeiten. Experten schätzen, dass unser Wirtschaftswachstum um stolze 6% höher sein könnte, wenn wir weniger Ungleichheit hätten.
Wer wenn nicht der Staat sollte eingreifen um die Schere zwischen Arm und Reich wieder zu schließen und viele Arme wieder aus der Resignation zu holen? Es gibt keine unsichtbare Hand (Adam Smith) die den Markt reguliert und für alle für ein gutes Leben sorgt. Der Staat muss regulieren, was der Markt nicht leistet. Nur der Staat ist demokratisch gewählt und zuständig für das Wohl aller.
Und wer wenn nicht die SPD sollte sich dieses Thema auf die Fahnen schreiben?
Wir müssen wieder zeigen wer wir sind!

Wir , die SPD, sind die Partei, die für eine soziale, solidarische und demokratische Ordnung steht.

Verpasste Chance

„Deutschland muss das Land der Deutschen bleiben und muss es dort, wo dies nicht mehr der Fall ist, wieder werden.“

„Eine Überfremdung Deutschlands, ob mit oder ohne Einbürgerung, lehnen wir strikt ab.“

„Homosexuelle Lebenspartnerschaften bilden keine Familie und dürfen nicht gefördert werden.“

„Grundsatz deutscher Ausländerpolitik ist: Rückkehrpflicht statt Bleiberecht.“

„Der sogenannte „Asylparagraph“ Art. 16 a GG ist daher ersatzlos zu streichen.“

„Die NPD lehnt die gemeinsame Unterrichtung deutscher und ausländischer Schüler ab.“

„Über die Wiedereinführung der Todesstrafe ist ein Volksentscheid durchzuführen.“

„Der 8. Mai 1945 war kein Tag der Befreiung, sondern der Niederlage und Besetzung unseres Landes, und er ist daher kein Anlass für Feiern.“

„Zum Schutz der Ehre des deutschen Volkes sind das Ende der einseitigen Vergangenheitsbewältigung und die Freiheit von Forschung und Lehre notwendig. Wir Deutschen sind kein Volk von Verbrechern.“

„Nicht unterschätzt werden darf die Rolle einer neurotisierenden „Erinnerungskultur“, die zu einem historisch beispiellosen Traditionsabriss geführt hat, der mittlerweile die Zukunftsfähigkeit Deutschlands gefährdet.“

Diese wörtlichen Zitate aus dem Parteiprogramm der NPD von 2010 kennzeichnen die programmatische Ausrichtung eines politischen Denkens, das nicht nur deren Mitglieder bestimmt. Hier ist formuliert, was Anstoß und Triebkraft ist für einen aggressiven Rechtspopulismus, der die politische Kultur in unserem Land vergiftet.

Das Bundesverfassungsgericht lehnt das Verbot der Partei ab, die diesen Vergiftungsprozess betreibt. Es lehnt ab, weil diese Partei angeblich zu unbedeutend sei.

Ich verstehe das nicht.

Mag sein, dass die Anzahl der Mitglieder gering ist und daher im Parteienproporz keine große Rolle spielt. Aber schlichtes numerisches Denken reicht hier nicht. Unsere höchsten Richter hätten die Chance gehabt, eine rote Linie zu zeigen: wer diese Programmatik vertritt und vertreibt, verlässt den Boden unserer Verfassung, bekämpft zentrale Grundsätze unserer Wertegemeinschaft, und das verbieten wir. Diese Chance haben sie nicht genutzt.

Auch unsere höchsten Richter leben nicht im luftleeren Raum; sie sind genauso wie wir alle anfällig für den „Zeitgeist“, der unreflektiert Gedanken und Gefühle mitbestimmt. Und der Zeitgeist sagt: Vorsicht mit Verboten! Vorsicht mit Bestrafung! Unser liberaler Staat muss aushalten können.

Aber die Grenzen werden fließend. Aus Gedanken werden Beschimpfungen, aus Beschimpfungen werden verletzende Taten, aus Taten wird Terror. Ein Richterspruch ändert nicht zwingend das politische Denken, eine Orientierung kann er sehr wohl geben. Die Karlsruher Richter hätten Grenzen markieren können. Sie haben es leider nicht getan.

Was ist zu tun? Wir können z.B. in den sozialen Medien, aber auch in politischen Veranstaltungen unsere Missbilligung dieses Richterspruchs öffentlich machen. Auch unsere öffentlich gemachte Meinung bestimmt den Zeitgeist mit. Also los !

Foto : © © Bundesverfassungsgericht │ lorenz.fotodesign, Karlsruhe